01. Erkenntnisse aus der Leseforschung
02. Lesbarkeit & Übersichtlichkeit
03. Definition der Text- und Stilelemente
04. Typografische Maßeinheiten auf einen Blick


art_einstiegMit einem Computer und der richtigen Software ist es heute ein Kinderspiel, selbst komplexe Dokumente in Eigenregie herzu stellen. Leider fehlt es vielen „Grafikern“ an der nötigen Fachkenntnis in Bezug auf Typografie, was den fabrizierten Schriftstücken oft anzumerken ist. Die wohl wichtigste Grundlage beim Gestalten liegt zweifellos in der Einhaltung wichtiger typografischer Regeln. In dieser Artikelserie erfahren Sie, was Sie über Typografie wissen sollten und wie Sie Ihren Dokumenten einen professionellen Touch verleihen.

Zugegeben, vor einer leeren Seite sitzen und nicht wissen, wie das jeweilige Dokument letztendlich aussehen soll, ist keine angenehme Sache. Das Problem kennt jeder, der sich schon einmal mit der Gestaltung eines Schriftstücks auseinander gesetzt hat. Vielleicht existieren einige Abbildungen, womöglich gibt es auch einen Text, eine genaue Vorstellung punkto Gestaltung fehlt je doch. Was also tun? Zuerst die Bilder platzieren und danach den Text einfügen? Oder mit dem Text beginnen und die Abbildungen nachträglich einsetzen? Keine leichte Entscheidung und ohne Grundkenntnisse kaum zu bewältigen. Dabei wäre es gar nicht so schwer, würden Sie auf typografische Regeln zurückgreifen. Sie vereinfachen nicht nur den Start, sondern gewährleisten auch mehr Effizienz beim Endergebnis. Immerhin geht es vordergründig darum, Informationen ansprechend zu verpacken und möglichst wirksam zu transportieren. Und genau das versteht man auch unter Typografie. Was etwa beim Schreiben durch Grammatik und Rechtschreibung festgelegt ist, wird bei der Gestaltung durch die Typografie geregelt. Dabei können Sie sogar auf Erfahrungen aus mehreren Jahrhunderten Buchdruck zurückgreifen, denn ursprünglich verstand sich Typografie als Handwerk und diente als Grundlage für den mechanischen Satz von Schriften. Obwohl das heute am Computer stattfindet, haben sich die Regeln und psychologischen Gesetzmäßigkeiten nur geringfügig verändert.

01. Erkenntnisse aus der Leseforschung

Bei der Gestaltung eines Dokuments sollte von Anfang an berücksichtigt werden, für welche Leserzielgruppe es bestimmt ist. So ist es etwa für Kinder oder eine ältere Zielgruppe sinnvoll, mit größeren Schriften zu arbeiten. Es gibt aber auch einige allgemeine Richtlinien - Erkenntnisse aus der Leseforschung - die in grundsätzliche Überlegungen zum Layout miteinfließen sollten:

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Der Satzspiegel bzw. die Spaltenbreite eines Textes sollte nicht viel breiter als acht Zentimeter sein. Das geht aus Untersuchungen des Wahrnehmungsfeldes beim Lesen hervor. Bei einem durchschnittlichen Leseabstand von rund 30 Zentimeter nimmt der Mensch nicht mehr als einen Bereich von ca. acht Zentimetern in der Horizontalen gut wahr (a).

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Um beim Lesen Wörter und ganze Wortgruppen aufzunehmen, macht das Auge kleine ruckartige Bewegungen. Die Fixationen der Lesesprünge liegen meist zwischen den Wörtern. Sind die Wortabstände zu gering, besteht die Gefahr, dass die Wörter beim Lesen „verschmelzen“ und schlechter erfassbar sind. Bei zu großem Wortabstand, können weniger Wörter erfasst werden (b).

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Bestimmte Schriften und Wörter werden in erster Linie durch ihre besondere Außenkontur erfasst. Verschiedene Schriften sind deshalb – je nachdem wie ausgeprägt die Wortkonturen sind – besser oder schlechter lesbar. Versalschriften können beispielsweise, in Vergleich zu einem Text mit gemischter Schreibweise, schwieriger aufgenommen werden (c).

Eine Seite, die unübersichtlich gestaltet wurde, bedeutet für den Leser eine Art Hindernislauf. Wenn die Texte, Bilder und Graphiken so angeordnet sind, dass sich der Leser erst orientieren und beispielsweise nach einem Textanschluss suchen muss, lassen Konzentrat und Leselust schnell nach. Beim Gestalten eines Dokuments spielt deshalb eine gute, überschaubare Leseführung eine wesentliche Rolle.


02. Lesbarkeit & Übersichtlichkeit

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Die Wahl der Größe der Grundschrift (auch Werk- oder Brotschrift) eines Textes ist abhängig von Format, Textmenge, der optischen Wirkung, die Sie erzielen wollen und nicht zuletzt von der Zielgruppe der Leser, die Sie erreichen möchten. So ist in Kinderbüchern – wie erwähnt – eine etwas größere Grundschrift (11 bis 14 Punkt) angebracht, als beispielsweise in einem Fachmagazin (meist 9 bis 10 Punkt).

Überschriften, Untertitel und Zwischenzeilen sollten den Text ansprechend gliedern und seine Lesbarkeit erleichtern. In der Werbung verfolgen Headlines vor allem den Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen und einer Aussage Nachdruck zu verleihen. Deshalb sind sie meist sehr groß bzw. fett angelegt.

Für Marginalien und Fußnoten (Konsulationsgrößen) verwenden Sie eine etwas kleinere Schrift (6 bis 8 Punkt) als die Grundschrift. In jedem Fall empfiehlt es sich, bei einem Text nicht zu viele, unterschiedliche Schriftgrade einzusetzen. Sie verwirren den Leser – umso schneller verliert er das Interesse am Text. In der folgenden Übersicht finden Sie die gängigsten Schriftgrößen zur Gliederung eines Textes.

  • Schaugrößen:
    (Headlines, Untertitel, Kapitel-, Über- und Unterschriften, Zwischentitel):
    ab 18 Punkt aufwärts bis ca. 60 Punkt
  • Auszeichnungsgrößen:
    ca. 14 bis 18 Punkt
  • Lesegrößen:
    ca. 8 bis 12 Punkt
  • Konsultationsgrößen:
    ca. 6 bis 8 Punkt

03. Definition der Text- und Stilelemente

Steht der Satzspiegel fest, definieren Sie die Text- und Stilelemente – wie Schriftart und -größe der Grundschrift, Überschriften, Anmerkungen etc. – die im Dokument durchgehend Verwendung finden sollen.

Folgendes sollten Sie dabei beachten:

 
  • Der Zweck des Dokuments, die Menge des Textes und der Zeichen je Zeile, Inhalt und Leserkreis sollten bei der Wahl der Grundschrift und deren Größe berücksichtigt werden.

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  • Die Größe der verwendeten Überschriften ist eng mit der Art des Dokuments verknüpft. Auch wenn eine deutliche Gliederung, speziell in Fachbüchern, wünschenswert ist, sollten nicht zu viele Schriftgrade eingesetzt werden. Hier können Sie auch mit anderen Auszeichnungen (Kapitälchen, verschiedene Schriftschnitte etc.) helfen.

    Für die Überschriften kann natürlich auch eine andere Schrift als die Grundschrift gewählt werden. Wichtig ist auch, dass ausreichender Abstand oberhalb und unterhalb einer Überschrift besteht und klar hervor geht, zu welchem Teil diese gehört. Bei Hauptüberschriften sollten die Abstände mindestens zwei Leerzeilen über der Überschrift, eine darunter ausmachen. Je nach Art des Dokuments sind aber auch Abstände von vier bis zehn Leerzeilen durchaus keine Seltenheit. Vielfach wirkt es optisch besser, wenn Sie zur Gliederung freien Raum einsetzen, statt auf mehrere, verschiedene Schriftgrade zurückzugreifen.
 
  • Titelschriften konzipieren Sie am besten linksbündig oder mittig. Kürzere Titel können auch im Text stehen oder durch grafische Elemente zusätzlich bereichert werden (d).
 
  • Rubriktitel (auch Kolumnentitel), die Zeitschriften in redaktionelle Themen gliedern, sollten nicht zu groß und auffällig ausfallen, weil sie dann häufig den Titelschriften Konkurrenz machen und insgesamt störend auffallen.
 
  • Zwischentitel sorgen für eine bessere inhaltliche Gliederung eines Textes. Wenn sie in einem anderen Schriftstil, Schriftschnitt oder in einer anderen Farbe gesetzt werden, kann für sie der gleiche Schriftgrad gewählt werden, weil sie sich bereits optisch vom Grundtext unterscheiden. Grundsätzlich sollten Zwischentitel nur geringfügig vergrößert werden.

Fußnoten
  • Zusatzinfos und Nebenbemerkungen (zu einem Begriff, Sachverhalt etc.) werden als Fußnoten bezeichnet. Sie setzen sich aus einem Fußnotenzeichen und der eigentlichen Fußnote am unteren Seitenende, am Kapitel- oder Buchende. Als Fußnotenzeichen kann entweder ein kleines (2–3 Punkt weniger als bei Grundschrift) hochgestelltes Sonderzeichen (bei nur wenigen Fußnoten pro Seite) oder eine kleine fortlaufende Ziffer (größere Anzahl von Fußnoten) verwendet werden, die hinter dem betreffenden Wort oder Satz zu platzieren sind. Das Fußnotenzeichen wird dann noch einmal vor die eigentliche Fußnote gesetzt (Abstand möglichst nicht mehr als ein Leerzeichen). Sie können die Fußnote durch eine schmale, feinere Linie oder einen entsprechenden Abstand vom Haupttext trennen, wobei der Abstand zwischen Haupttext und Linie größer sein sollte als der zwischen Linie und Fußnote (e).

 


Marginalien
  • Randbemerkungen in einem Dokument – so genannte Marginalien – sollten bündig zum Lesetext (links stehende Marginalien rechts bündig und umgekehrt) in Flattersatz gesetzt werden. Die erste Marginalienzeile muss mit der Schriftgrundlinie der Zeile Register halten, bei den weiteren Zeilen ist das aber nicht mehr unbedingt erforderlich (f).

Bildunterschrift
  • Bildunterschriften oder Bildlegenden – der erklärende Text zu einer Abbildung – werden üblicherweise unter das Bild oder links-, bzw. rechtsbündig daneben gestellt. Sie können aber auch direkt ins Bild gesetzt werden, wobei Sie darauf achten sollten, dass die Legende noch gut lesbar ist. Bei einem sehr dunklen Bildhintergrund sollte der Bildtext in einer Kontrastfarbe, als beispielsweise in Weiß, gewählt werden. Die Schriftgröße sollte sich immer an der Grundschrift orientieren, üblicherweise ist sie ein bis zwei Punkt kleiner, sie kann aber durchaus auch etwas größer sein. Meist wird die Bildlegende im Flattersatz gesetzt, bei größeren Texten unterhalb des Bildes bietet sich auch der Blocksatz an (g).

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  • Absätze, als Informationseinheiten oder geschlossene Gedankengänge, sollten optimalerweise weder zu klein noch zu groß sein. Zu lange Absätze hemmen meist die Verständlichkeit des Textes, wenn weitere Auszeichnungselemente fehlen. Sehr kleine Absätze zerstückeln häufig die Aussage des Textes, auch das Seitenbild wirkt dadurch leicht zerrissen und unruhig.

    Der Beginn eines Absatzes sollte für den Leser deutlich erkennbar sein. Das können Sie beispielsweise mit einem Einzug in der ersten Zeile erreichen. Der Einzug darf dabei weder wie ein ungerader linker Rand aussehen (zu kleiner Einzug), noch eventuell größer als das Ende der vorhergehenden Zeile sein (Einzug zu groß).

    Auf einen Einzug sollten Sie verzichten: am Seitenanfang, nach Überschriften, Tabellen, Bildern. Hier wirkt er meist störend. Eine zweite Möglichkeit, einen Absatz herauszustellen, ist ihn linksbündig (Standardeinzug) beginnen zu lassen. Hier kann es allerdings passieren, dass der Absatzbeginn nicht erkennbar ist, wenn die vorhergehende Zeile weitgehend bis zum rechten Rand gefüllt ist. In diesem Fall sollten Sie den Absatz einen Abstand nach oben geben (Registerhaltigkeit: ein voller Zeilenabstand). Das Seitenbild wird jedoch dadurch unter Umständen zerstückelt.

    Absatzanfänge und -enden können auch durch Initiale, Symbole oder Farbe gekennzeichnet werden. Diese sollten Sie im Normalfall aber eher sparsam einsetzen (h).

Grauwert
  • Jede Textseite erscheint – aus etwas größerer Entfernung betrachtet – als graue Fläche. Dieser so genannte Grauwert einer Seite ist in erster Linie von der Schriftart, dem Schriftschnitt, der Laufweite und dem Zeilenabstand abhängig. ldealerweise sollte der Grauwert innerhalb einer Seite aber auch innerhalb eines ganzen Dokuments möglichst gleichmäßig sein. Seite bzw. Dokument wirken dadurch harmonischer und die Auszeichnungen (fett, kursiv etc.) treten deutlicher hervor. Auch ein zu heller oder zu dunkler Grauwert sollte vermieden werden. Ist das Gesamtbild der Seite zu dunkel, so können Sie es durch eine Vergrößerung des Durchschusses heller gestalten. Eine zu helle Seite kann durch Kompressen Satz dunkler gemacht werden (i).
 
  • Initialien sind Buchstaben am Anfang eines Absatzes, die größer als die Grundschrift sind und einen schmückenden Charakter besitzen. In der Art, wie sie die erste Zeile dieses Absatzes zeigt, lassen sich Initialien einfach da durch gestalten, dass Sie dem Zeichen entsprechende Zeichenattribute verleihen und einen entsprechenden Schriftgrad geben. Dabei sollte die Initiale nicht das Zeilenraster brechen, die Größe muss also entsprechend gewählt werden.
 
  • Die Satzausrichtung gibt an, wie der Text der Zeilen innerhalb der Textspalte ausgerichtet wird. Diese Ausrichtung heißt Satzausschluss. Er beeinflusst das Schriftbild eines Textes.

    Die einfachste Ausrichtung ist die linksbündige Ausrichtung mit einem so genannten Flatterrand rechts. Hierbei wird die Zeile solange aufgefüllt, bis das nächste Wort oder die nächste Silbe nicht mehr in die Zeile passt. Einige DTP-Programme erlauben beim Flattersatz (rechts oder links), einen Trennbereich anzugeben. Erreicht das Programm beim Füllen einer Zeile diesen Bereich, so versucht es das nächste Wort, das in diesen Bereich fällt und nicht mehr vollständig in die Zeile passt, zu trennen. Korrigieren Sie einen Flattersatz durch entsprechende manuelle Trennung, so dass zwar der Text immer noch nicht bündig abschließt, je doch keine extremen Längenunterschiede mehr vorhanden sind, spricht man von einem Rauhsatz. Der Flattersatz sollte nicht zu ebenmäßig sein, da dies wie ein schlecht gesetzter Blocksatz aussehen und die vorhandene Spannung nehmen würde.

    Unter Blocksatz versteht man eine Ausrichtung, bei welcher der Text sowohl links als auch rechtbündig gesetzt wird. Dazu muss in den meisten Zeilen nach dem Auffüllen der Zeile der Wort- und eventuell auch der Zeichenzwischenraum korrigiert werden. Dies kann sowohl mit positiven als auch mit negativen Zwischenraumwerten geschehen. Das Dehnen der Wortzwischenräume nennt man auch Austreiben. Der Blocksatz ist im normalen Fließtext eines Buchs oder eines Berichts ebenso wie in Zeitschriften für den Kerntext der Standard. Die akzeptable Zeilenbreite liegt hier zwischen 45 und 75 Zeichen pro Zeile.

 


04. Typografische Maßeinheiten auf einen Blick

Die lange Entwicklungsgeschichte der Typografie brachte im Laufe der Jahrhunderte eine Vielzahl unterschiedlicher Maßeinheiten hervor. Ähnlich wie auch bei den Landeswährungen, gibt es daher verschiedene Typomaße wovon sich aber nur wenige als „Standard“ etablierten.

  • Didot
    Der Didot-Punkt hat seinen Ursprung in Frankreich und wurde im 18. Jahrhundert von der Fußlänge des damals herrschenden Königs abgeleitet. Seit 1978 entspricht ein Didot-Punkt genau 0,375 mm, zuvor waren es noch 0,376 mm. 
  • DTP-Punkt
    Der DTP-Punkt basiert auf einem amerikanischen Typomaß und entspricht dem 72-sten Teil eines Inches, bzw. rund 0,3528 mm. 
  • Pica
    Der Pica-Point ist ein englisch-amerikanisches typografisches Maß. Ein Pica hat 12 Pica-Points bzw. 4,233 mm. 6 Pica ergeben (abgerundet) ein Zoll.

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